Wie gehst du mit Mitarbeitenden um, deren Performance nicht deine Erwartungen als Führungskraft treffen? Wie kannst du die psychologische Sicherheit wahren und trotzdem mehr Leistung abrufen?

Führung ist einfach, wenn alles glatt läuft. Die Aufgaben werden beschrieben, delegiert, ausgeführt. Das Feedback ist freundlich und anerkennend, die Jahresgespräche sind schnell und in guter Stimmung beendet. Mancher Chef sieht dann bald gar nicht mehr den Mehrwert von Jahresgesprächen.

Irgendwann kommt für jede Führungskraft der Moment, in dem du unzufrieden bist mit der Leistung eines Mitarbeitenden. Was nun? Wie kannst du unter Wahrung der psychologischen Sicherheit damit umgehen und deiner Verantwortung für Ergebnisse und Menschen gerecht werden?

Ich möchte hier fünf Fälle unterscheiden.

  1. Dem Mitarbeitenden ist nicht klar, wie deine Erwartung aussehen.

  2. Der Mitarbeitende verfügt nicht über die notwendigen Kompetenzen.

  3. Dem Mitarbeitenden mangelt es an Motivation, um die geforderte Leistung zu erbringen.

  4. Der Mitarbeitenden fehlt es an Resilienz.

  5. Strategien im Umgang mit Vertrauensverlust.

Die ersten drei Fälle wurden in dem Artikel „How to Manage an Employee Who Always Makes Excuses“ im Harvard Business Review beschrieben. Die Punkte vier und fünf sind aus meiner Sicht wichtige Ergänzungen.

1. Kläre deine Erwartungshaltung ab

Stelle dir zunächst als Führungskraft die richtigen Fragen zu deiner Erwartungshaltung:

Geht es um die Verantwortung für ein Ergebnis, für einen Prozess, oder nur für die korrekte Durchführung einer Aufgabe?

Wieweit willst du als Führungskraft einbezogen sein? Hier sind die sieben Ebenen des Delegation Poker wichtig. Willst du Delegation mit Rücksprache? Beispiel: „Klaus, du bist verantwortlich für die Präsentation, aber bitte komm vorher bei mir vorbei und hole dir meine Meinung dazu ab.“ Oder delegierst du die Verantwortung ohne vorherige Abstimmung? Wenn ja, willst du anschließend über das Ergebnis informiert werden (zum Beispiel über einen wöchentlichen 5 Box Report) oder nicht?

Ist die sogenannte „Definition of Done“ geklärt? Wie misst du ein gutes Ergebnis, ein sehr gutes Ergebnis, oder eben ein unzureichendes Ergebnis? Sind die Kriterien abgestimmt?

Weitere Punkte, die es sinnvollerweise abzustimmen gilt, kann man bei Stephen R. Covey (Die Sieben Wege zur Effektivität) unter dem Stichwort „Stewardship Delegation“ nachlesen. Wie sehen die Leitplanken aus, innerhalb derer der Mitarbeiter sich bewegen soll (Rollendefinitionen, Organisationsanweisungen, HSE-Vorgaben, Compliance etc.) Welche Ressourcen stehen zur Verfügung? Kann z.B. auf eine Teamassistenz, einen PMO oder einen internen Coach zurückgegriffen werden?

Wenn du diese Fragen für dich gut und stimmig beantworten kannst, nimm dir die Zeit, diese mit deinem Mitarbeitenden abzustimmen. Nimm dir dafür ausreichend Zeit. Es geht um Effektivität, also maximale Wirksamkeit dieser Unterhaltung.

Aus meiner persönlichen Erfahrung möchte ich gerne noch einen Punkt ergänzen: nicht immer sind die isolierten Maßstäbe, die man als Führungskraft an die Arbeit eines Mitarbeitenden anlegt, gerechtfertigt. In einer komplexen Welt, in der die meisten Menschen mehr als genug zu tun haben und viele unterschiedliche Themen gleichzeitig bearbeiten müssen, sollte man als Führungskraft offen sein für die Zwänge und Restriktionen, unter denen die Mitarbeiter agieren, anstatt pauschal eine Minderleistung zu beklagen. Ja, als Führungskraft bist du am Ende für das Ergebnis verantwortlich und darfst die Leistung auch einfordern. Gleichzeitig solltest du unter dem Gesichtspunkt von psychologischer Sicherheit die Komplexität der Priorisierung von verschiedenen Aufgaben anerkennen. Offene Fragen, die du als Führungskraft aus einer Coaching-Haltung heraus stellst, können hier unterstützen: Unter welchen Umständen wäre es machbar? Was hindert dich daran, die Aufgabe schneller auszuführen? Was würde passieren, wenn du dieses Thema höher priorisieren würdest?

2. Unterstütze den Mitarbeitenden beim Ausbau der Kompetenzen

Kompetenz und Exzellenz fallen nicht vom Himmel, das ist klar. Folgende Dinge gilt es zu beachten, wenn die Minderleistung in mangelnder Kompetenz begründet ist:

Passt die Aufgabe zu den Stärken des Mitarbeitenden? Ist er oder sie in der Lage, bei der Erledigung der Aufgabe seine oder ihre Stärken voll einzubringen? Hier kannst du mehr zum Thema Stärkenorientierte Führung erfahren.

Wie wurde der Kollege eingearbeitet? Gab und gibt es ausreichend Lernmöglichkeiten und Benchmarks, wie die Aufgabe gut erfüllt werden kann? Stehen Mentoren oder Paten zur Verfügung, die Hilfestellung geben?

Wie häufig hat der Kollege die Aufgabe schon ausführen können? Welche Lernerfolge haben sich ergeben? Wobei hapert es noch? Wie sah das Feedback aus? Wurde ausreichend darüber gesprochen, was man aus Fehler lernen kann?

Um die Kompetenz zu stärken können Coaching-Fragen ebenfalls sehr hilfreich sein: Was würdest du selbst vorschlagen? Wie sieht deine Empfehlung aus? Was könntest Du anders machen, um hier noch erfolgreicher zu sein?

Noch ein Extrapunkt zum Nachdenken für dich: welches Mitspracherecht hat dein Mitarbeiter bei der Fortbildung? Definierst du die notwendigen Schulungen ohne Abstimmung? Behältst du dir das Recht auf Entscheidung vor, bittest aber den Mitarbeitenden um Stellungnahme? Oder gibst du dem Mitarbeitenden deine Empfehlung, lässt ihn oder sie aber entscheiden?

3. Verdeutliche den Sinn einer guten Leistung

Welchen Sinn macht es, mit viel Engagement an eine Sache zu gehen und eine Leistung wirklich gut zu erbringen?

In vielen Fällen ist es sinnvoll, den Zweck der Aufgabenstellung in einem Zusammenhang, z.B. in einer Prozesskette zu erklären. Schon Daniel Pink hat in seinem Buch „Drive“ Studien die Korrelation zwischen Sinnstiftung und Engagement aufgezeigt. Wer den Sinn seiner Arbeit versteht, der investiert auch mehr Intelligenz und Energie darin, die Arbeit gut zu machen. Dazu gehört auch, den Mehrwert der eigenen Arbeit für Teammitglieder zu erkennen. Wenn zum Beispiel ein Einkäufer weiß, welche positiven Auswirkungen die vertraglich vereinbarten Lieferbedingungen für die Kollegen im Wareneingang haben, wird er oder sie eher bestrebt sein, in den logistical conditions ein Lieferavis vom Lieferanten abzufordern, als wenn es nur darum geht, den Vertrag über die Lieferung eines Produkts abzuschließen.

Damit verbunden ist auch die Klärung, welche Konsequenzen eine gute und nicht ausreichende Ausführung mit sich bringen. Um im Beispiel zu bleiben, wenn die Lieferavisierung nicht vertraglich vereinbart wurde, wird es schwer sein, diese nachträglich ohne Mehrkosten einzufordern. Gleichzeitig führen unangekündigte Lieferungen zu einer unkalkulierbaren Arbeitslast im Wareneingang, was die Bereitstellung der Waren für die Fertigung massiv verzögern kann. Damit wiederum wird die Akzeptanz des Einkaufs bei der Produktion massiv diskreditiert und die Diskussion um eine end-to-end Prozessverbesserung wird behindert. (Ähnlichkeiten mit tatsächlichen Vorkommnissen sind rein zufälliger Natur 😉.)

4. Resilienz stärken

Einige Mitarbeiter sind zwar grundsätzlich in der Lage, einen guten Job zu machen, lassen sich aber schnell von Rückschlägen beeindrucken und werfen die Flinte schnell ins Korn. Es mangelt also an der viel zitierten Resilienz, der Fähigkeit, Rückschläge schnell zu überwinden und wieder in die eigene Kraft zu kommen. Resilienz basiert unter anderem auf einem realistischen Optimismus und dem Gefühl von Selbstwirksamkeit. Hier kann ein Gespräch hilfreich sein, in dem du als Führungskraft durch ressourcenorientierte Fragen Ressourcen deines Mitarbeitenden aktivierst:

  • Welche deiner Stärken könnte die in dieser Situation helfen?

  • Wie hast du in der Vergangenheit schon einmal so eine Krise überwunden?

  • Für welche Fähigkeiten bekommst du häufig positives Feedback?

  • Wie könnten dir diese Fähigkeiten in dieser Situation nützlich sein?

Und schließlich ist das gezielte Re-Framing einer Situation hilfreich, um Ressourcen zu stärken. Du könntest deinen Mitarbeitenden also fragen: Was kannst du aus dieser Situation lernen? Wenn du dich fünf Jahre in die Zukunft beamst, wie würdest du die heutige Situation beurteilen? Zu was ist es dann gut gewesen, dass du in dieser Situation durchgehalten hast? Inwieweit wird dich diese Situation stärken für zukünftige Herausforderungen?

5. Strategien im Umgang mit Vertrauensverlust auf Seiten der Führungskraft

Zutrauen ist die höchste Form der menschlichen Motivation. – Stephen M. R. Covey

Vertrauen oder genauer gesagt eine Haltung, aus der heraus du als Führungskraft deinen Mitarbeitern zutraust, einen guten Job zu machen, wirkt sich positiv auf deren Motivation aus.

Deshalb ist es wichtig zu prüfen, ob du trotz Minderleistung deinem Mitarbeitenden grundsätzlich noch vertraust. Denn wenn das nicht der Fall ist, kann durch Misstrauen und Kontrolle schnell eine Abwärtsspirale entstehen, die nur sehr schwer zu unterbrechen ist. Wer nicht das Gefühl hat, dass ihm oder ihr vertraut wird, der wird unsicher, macht vielleicht mehr Fehler und verstärkt so das Misstrauen noch mehr.

Frage dich, worauf der Vertrauensverlust beruht. Geht es um messbare Leistung, geht es um nicht eingehaltene Zusagen, oder um eine allgemeine Glaubwürdigkeit? Umfragen unter Teilnehmern von Trainings ergeben immer wieder, dass Vertrauen vor allem auf Basis der Einhaltung von Versprechen entsteht. Wenn nicht eingehaltene Versprechen der Grund für dein Misstrauen sind, dann frage dich auf alle Fälle zunächst, wie dein Beitrag aussieht. Wie sieht der Prozess aus, der dazu führt, dass ein Mitarbeitender Zusagen macht? Wieviel Mitspracherecht gewährst du ihr oder ihm? Ist eine beiderseitig abgestimmte Zusage nicht erfüllt worden? Oder hast du eine Ansage gemacht, die nicht zu einem echten Commitment geführt hat? Verbessert dann die Abstimmung bezüglich des Commitments. Auch hier sind Coachingfragen hilfreicher als Ansagen.

Wenn Leistung trotz belastbarem Commitment nicht erbracht wurde, erhöht die Frequenz von Feedback und Review. Agier aber möglichst weiterhin aus einer Coachinghaltung, leiste Unterstützung, aber verfalle nicht in ein Mikromanagement, bei dem du alle wesentlichen Entscheidungen selbst triffst.

Suche nach Beweisen für die Vertrauenswürdigkeit. Denn sonst entsteht aus Misstrauen schnell eine selbsterfüllende Prophezeiung. Diese auch als Pygmalion-Effekt bekannt gewordene Idee wurde wissenschaftlich erforscht. Eine Annahme über die Zukunft manipuliert das eigene Denken und Verhalten so, dass die Voraussetzungen geschaffen werden, dass die Annahmen tatsächlich eintreffen. Hier kann man Details nachlesen.

Wichtig ist in diesem Zusammenhang auch der sogenannte fundamentale Attributionsfehler. Danach wird positives eigenes Verhalten eher intern attribuiert (erklärt mit Eigenschaften und Persönlichkeit). „Ich bin ein emphatischer, aufmerksamer Gesprächspartner“. Negatives eigenes Verhalten wird eher extern attribuiert, also mit den Umständen der Situation erklärt. „Ich war abgelenkt, weil ich auf einen wichtigen Anruf warte.“ Negatives Verhalten wird bei anderen dagegen eher intern attribuiert. Du hörst mir nie zu und willst mich nicht verstehen.“ Fazit: schlechtes Benehmen hängt bei anderen am Charakter und bei mir selbst an den Umständen.

Wie sich diese Haltung auswirkt, wenn man Zweifel an der Vertrauenswürdigkeit einer Person hat, dürfte klar sein. In dieser Situation hilft Bewusstheit und das Hinterfragen des eigenen Standpunkts. Hier kann man Details zum fundamentalen Attributionsfehler nachlesen.

Fazit

Jede Führungskraft wird irgendwann einmal mit Leistungen konfrontiert, die nicht ihren Erwartungen entsprechen. Wenn du den Anspruch hast, nach den Prinzipien der psychologischen Sicherheit zu führen, dann solltest du fein unterscheiden und analysieren, worauf die mangelhafte Leistung basiert und wie du deinen Einfluss auf den Mitarbeitenden geltend machen kannst, um die Situation zu verbessern. Wenn das alles nichts bringt, ist der konsequente Einsatz von personalrechtlichen Maßnahmen jedoch nicht nur erlaubt, sondern auch wichtig, um die Erwartungshaltung im Team klar zu machen. Leistung ist wichtig, die Übernahme von Verantwortung wird erwartet und du als Führungskraft leistest deinen Beitrag, um die psychologische Sicherheit im Team zu wahren und zu fördern.