Vertrauen im Team fördern.

In einem Training habe ich per slido die folgende Frage gestellt: „Was sind die wichtigsten Verhaltensweisen, die jemand zeigen sollte, um Ihr Vertrauen zu gewinnen?

Die nebenstehende Abbildung zeigt das Ergebnis von ca. 50 Teilnehmern.


Warum ist Vertrauen so wichtig – ein konkretes Beispiel

Vor ein paar Jahren war ich verantwortlich für den Einkauf von Energie in einem großen Luftfahrtkonzern. Ein Mitarbeiter von mir kaufte regelmäßig über einen Broker an der Strombörse große Mengen von Strom für verschiedene Standorte in Europa ein. Da kam eine Bestellung schnell auf einen zweistelligen Millionenbetrag.

Kurz nachdem ich diese Verantwortung übernommen hatte, stellten wir fest, dass Bestellungen in dieser Höhe ausschließlich vom Chief Procurement Officer hätten unterschrieben werden dürfen. Bei meinem Vorgänger war das aber nie angesprochen worden. Für mich ein no go. Was waren die Gründe meines Vorgängers? Ich vermute, er wollte sich den Stress sparen.

Wir haben dann aber dem CPO erläutert, dass die Reaktionszeit für Stromeinkäufe an der Börse es in der Regel nicht erlauben, über vier (!) Hierarchiestufen eine Bestellung zur Unterschrift vorzulegen. Hätten wir das getan, wären die Preise sehr wahrscheinlich bereits wieder angezogen.

Wir konnten unseren CPO überzeugen, dass eine schnelle Reaktion unabdinglich ist. Er zeigte sich schließlich bereit, eine sogenannte Signatur Delegation auszusprechen, auf deren Basis wir prüfungssicher weitermachen konnten.


Was hat das mit Vertrauen zu tun?

In einer zunehmend von Abhängigkeiten und Komplexität geprägten Welt ist Vertrauen unabdingbar, um schnell und effizient reagieren zu können. Da bleibt häufig keine Zeit für Abstimmungen innerhalb der Hierarchie. Entscheidungen müssen zeitnah getroffen werden. Das ist in der Regel nur bei demjenigen möglich, bei dem sich die Frage zuerst stellt, zum Beispiel dem Vertriebs- oder Servicemitarbeiter, der direkten Kontakt zum Kunden hat. In dem oben geschilderten Einkaufsbeispiel musste der Commodity Buyer innerhalb von 1-2 Stunden auf das Angebot des Brokers eingehen.

Das geht dann halt nur mit Vertrauen. Wie entsteht Vertrauen? Natürlich mussten wir den Prozess sauber erläutern und darstellen, wie wir Fehler oder Missbrauch vermeiden. Aber nachdem die Prinzipien geklärt waren, einigten wir uns auf einen quartalsweisen Review.


Was kann ich tun, um Vertrauen zu stärken?

In seinem wunderbaren Buch „Die Geschwindigkeit des Vertrauens“ beschreibt Stephen M. R. Covey die vier Ebenen der Glaubwürdigkeit.

INTEGRITÄT: wie vertrauenswürdig ist unser Charakter? Für was stehen wir im Leben? Wie offen sind wir? Wie belastbar sind unsere Versprechen?

INTENTION: was sind unsere Motive? Was wollen wir erreichen?

FÄHIGKEITEN: wie gut nutzen wir unsere Stärken und Talente, um relevante Ergebnisse zu erzielen?

RESULTATE: was haben wir bisher erreicht und was traut man uns in Zukunft zu? Wie verantwortungsvoll agieren wir?

Auf diesen vier Ebenen schafft man Glaubwürdigkeit („credibility“). Diese Glaubwürdigkeit ist die Basis von Vertrauen.


„Man kann sich nicht aus einem Problem herausreden,
das man durch sein Handeln erzeugt hat.“

– Stephen M. R. Covey

Wenn Glaubwürdigkeit erst einmal vorhanden ist, muss man regelmäßig mit seinem Verhalten darauf einzahlen, dass das Vertrauen bestehen bleibt.

Die 13 Verhaltensweisen von Covey stellen den Versuch dar, die wichtigsten Verhaltensweisen zu beschreiben, mit denen sich Vertrauen fördern lässt.

Die beiden Grafiken oben zeigen die Antwort auf die Frage : „Welche Top-3 Verhaltensweisen erzeugen bei Ihnen am schnellsten Vertrauen?“.

Das Ergebnis zeigt, dass im Training Ehrlichkeit, Respekt und die Bereitschaft Versprechen einzuhalten am höchsten bewertet wurden. Dieses Ergebnis aus einem speziellen Training lässt sich replizieren.


5 Konkrete Tipps

  1. Sorgen Sie für Austauschmöglichkeiten. Sprechen Sie die Dinge an. Leugnung ist kein probates Mittel, um Probleme aus der Welt zu schaffen.
  2. Sorgen Sie für die Möglichkeit, sich als ganzer Mensch zu begegnen. Menschen wollen nicht nur Mittel zum Zwecke Gewinnerwirtschaftung sein. Sie wollen auch als Zweck wahrgenommen werden, z.B. in einer Unterhaltung über persönliche Fragen.
  3. Hören Sie immer zuerst zu, bevor sie sich eine Meinung bilden. Schulen Sie sich darin, echtes Interesse an den Antworten Ihrer Mitmenschen zu entwickeln und nicht gewohnheitsmäßig nur nach Bestätigung ihrer eigenen Meinung zu suchen.
  4. Schaffen Sie ein Gefühl von Sicherheit im Team. Lassen Sie Fehler zu, wenn man daraus etwas lernen kann. Ohne Fehler fällt Lernen schwer. Lassen Sie Widerspruch zu. Ermutigen Sie Menschen dazu, konträre Meinungen zu äußern. Trainieren Sie, Feedback nach der Methode der Gewaltfreien Kommunikation zu geben.
  5. Seinen Sie Vorbild, wenn Sie Führungskraft sind. Menschen orientieren sich immer an hierarchisch höhenstehenden Individuen. Sie werden als Führungskraft daher besonders beobachtet. Das gilt insbesondere dafür, inwieweit Sie anderen Vertrauen schenken.

Noch eins: lassen Sie sich nicht erzählen, Vertrauen wäre nur in einer westlichen Kultur wichtig. Vertrauen ist nicht nur von angloamerikanischen und europäischen Verhaltensforschern untersucht worden, sondern auch von Neurobiologen als wichtiger Faktor von Motivation und Engagement bestätigt worden. Und in der Anlage unseres Gehirns sind Menschen bekanntlich gleich.